Auf den Ton kommt es (auch) an

Die Filmveranstaltung SoundTrack_Cologne
fand vom 14. bis 17. Oktober zum 17. Mal statt.

Film ist ein audio-visuelles Medium. Bilder ohne Ton sind entweder Fotografien oder eine bewegte Bilderwelt ohne Leben. Ohne Sprache, Musik, Atmosphäre, Geräusche und Effekte funktioniert Film nicht. Seitdem die „Bilder laufen lernten“ gibt es auch den Filmton. Zu Anfang wurde mit Filmpianisten oder Orchester live begleitet. Heute wird der Ton mittels ausgeklüngeltem digitalem Soundsystem abgemischt.

Der Sound bestimmt den Rhythmus des Films. Der Zuschauer wird durch die Musik „manipuliert“ und fühlt anders. Meist ist es einem gar nicht so bewusst, wie sehr die Filmmusik emotional auf einen einwirkt. Und oft packt einen die Musik so sehr, dass sie auch nach Ende des Films noch nachklingt.

„Ein Komponist kann die Botschaft eines Films formen, verändern oder sogar untergraben.“

Leonard Maltin, Filmhistoriker (Score – Eine Geschichte der Filmmusik)

Daher haben manche Soundtracks schon Kultcharakter. Wer kennt nicht die legendäre Filmmusik der Italowestern von Ennio Morricone oder die wuchtigen Soundtracks von Star Wars oder Der Weiße Hai, komponiert vom US-Amerikaner John Williams?

Aber nicht nur Hollywood-Klassiker hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Ein Freund von mir singt seit vielen Jahren die Melodien des DDR-Klassikers Heißer Sommer vor sich hin. Die Musik hat sich in seinem Kopf fest gesetzt.

SoundTrack_Cologne widmet sich ganz dem musikalischen bzw. klanglichen Storytelling von Filmen, Games und Medien. Seit 17 Jahren gibt es dieses Branchentreffen bereits. Hier treffen Tonleute, Sounddesigner*innen, Filmkomponist*innen und andere Filminteressierte aufeinander, um Wissen weiter zu geben, in Workshops anhand von Film- und Soundbeispielen zu lernen, im Reality Check und in Wettbewerben rauszufinden, ob ihre eingereichten Sounddesigns „funktionieren“ und sich zu vernetzen.

Nur online

In diesem Jahr mussten die Film-Gäste aber nicht nach Köln kommen, um den Kongress zu besuchen. Sie konnten an ihrem Wohnort bleiben. Denn die Veranstaltungen und der Austausch fanden coronabedingt nur digital statt. Das hat aber gut funktioniert. Mittlerweile sind die meisten Menschen ja geübt in Videochats und das SoundTrack_Cologne-Team hat das Ganze technisch und organisatorisch professionell „gewuppt“. Analog zu den Originalveranstaltungsorten wurden in der Plattform ZOOM Räume für die einzelnen Panels angelegt. Und es gab sogar eine Lounge für den Austausch.

Die geladenen Speakers waren eine gute Mischung aus Komponisten, Klangkünstlern und anderen Medienschaffenden. Mehr als ein Drittel waren Frauen. Diese hatten damit glücklicherweise mehr Präsenz als in der realen Filmarbeitswelt.

Bei den Panels Composing for… (Films, TV-Series, Video-Games) beispielsweise konnte man einen Einblick in die Arbeit der Komponisten bekommen. Film- und Soundbeispiele machten die Kompositionen noch anschaulicher bzw. hörbar. Beim Composion for Films erzählten Komponisten wie sie an eine Filmmusikkomposition herangehen. Die deutsche Komponistin Dascha Dauenhauer erklärte ihren Arbeitsansatz in drei Schritten: 1. Gespräch mit dem Regisseur, Sammeln und Aufnahme von Geräuschen (meist draußen) und Klängen mittels Instrumenten, 2. Soundkreation, 3. Soundkomposition. Dauenhauer entwickelt schon seit ihrer Kindheit ihre eigene Musik und wurde dieses Jahr mit dem German Film Award für die beste Filmmusik der Neuverfilmung von Berlin Alexanderplatz ausgezeichnet. Der britische Komponist Stephen Warbeck guckt sich den zu vertonenden Film zuerst mehrmals an und sucht sich dann starke emotionale Momente heraus. Mit dem Film im Kopf komponiert Warbeck, der 1999 für die Filmmusik von Shakespeare in Love ausgezeichnet wurde, dann meistens am Piano. Auch wurde darüber gesprochen, wovon sich die einzelnen Komponisten inspirieren lassen. Zum Beispiel vom Gitarristen Ry Cooder (Warbeck), Filmserien (Dauenhauer) oder klassischer Musik im Allgemeinen. Fragen der Teilnehmer wurden am Ende der Panels beantwortet.

Darüber hinaus gab es Workshops über Arbeitstechniken oder Selbstpräsentation bzw. Eigen-PR. Interessant war auch der Reality Check, bei dem im Vorfeld Musiktracks eingereicht werden konnten, die dann auf ihre Einsatzmöglichkeiten gecheckt wurden. Hier bekamen die Soundkünstler*innen ein direktes Feedback von den Experten.

Wettbewerb

Mit einem Film und zwölf Soundtracks ging es in den Wettbewerb. Beim EUROPEAN TALENT COMPETITION ging es darum, das Storytelling eines Kurzfilms zu übernehmen. Es konnte entweder der Score oder ein komplettes Sounddesign eingereicht werden. Die Arbeiten der zwölf Finalist*innen wurden im Rahmen des Onlineangebots von SoundTrack_Cologne mit ihren Arbeiten dem Publikum und der Jury vorgestellt. Hier wurde einem noch bewusster, wie wichtig der passende Sound ist und wie massiv die Emotionen vom Klang bestimmt werden (können).

Ebenfalls im Onlinescreening: Die Kurzfilme des Peer Raben Music Awards. Hier wurden die besten Filmscores in einem Kurzfilm gekürt. Die Auszeichnung ist nach dem deutschen Filmkomponisten Peer Raben benannt, der bekannt war für seine Zusammenarbeit mit Rainer Werner Fassbinder, unter anderem bei Berlin Alexanderplatz.

See the Sound

Insgesamt 26 Musikfilme in den Filmreihen Wettbewerb, Dokumentarfilm und Spielfilm und eine Kurzfilmreihe waren an drei Tagen zu sehen. Ich habe mir drei Filme angesehen, bei denen man einen Einblick in verschiedene Klangwelten bekommen konnte. Mir haben alle sehr gut gefallen.

In den Kinosälen des Musikfilmprogramms „See the Sound“ war leider „gähnende Leere“. Die internationalen Gäste fehlten. Lag es an den englischsprachigen Originalfassungen, an der nicht mainstreamigen Filmauswahl oder an den hohen Inzidenzzahlen, dass sich so wenige Zuschauer dafür interessierten? Im Turistarama liefen auch die Wettbewerbsfilme, dort war durch die Presseleute mehr los. Wegen der Coronaschutzbestimmungen waren weniger Zuschauer erlaubt. Im Kino Turistarama gibt es 100 Kinosessel, aber nur 20 durften besetzt werden; im Festivalsaal Auditorium mit 130 Sitzplätzen in der Fritz Thyssen Stiftung hätten mehr belegt werden dürfen, es waren aber nur vier bis sechs Filminteressierte da.

Die Gewinner und mehr Infos

Die SoundTrack_Cologne 18 findet vom 9. bis 12. Juni 2021 statt.
Die Veranstalter denken darüber nach, die digitale Version der SoundTrack_Cologne parallel zur analogen Edition stattfinden zu lassen. Ich denke, das Zusatzangebot würde die Veranstaltung bereichern.

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